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T.A. Frauenhaus - Kunstkritik
 
 

 

Kunstkritik von Dr. Raimund Locicnik

in den OÖ Nachrichten - Kultur

Steyr: Johannes Angerbauers "Lebenskunst in Frauenhäuser"

Gold als Symbol für die Seele

Von Raimund Locicnik

   Vom 16. Oktober bis 10. Dezember 1996 führte der Weg in drei oberösterreichische Frauenhäuser über eine goldene Eingangsschwelle. Die vier unter der Blattgoldschicht befindlichen Bildinhalte wurden dabei durch das Begehen teilweise freigelegt. Schutzsuchende und Helfende, Frauen und Kinder schufen so gemeinsam 46 Kunstwerke, basierend auf einem Konzept des Künstlers Johannes Angerbauer. Nun sind die Arbeiten im Steyrer Rathaus unter dem Titel "Neue Wege - Neue Kunst" ausgestellt. Zu sehen sind sie bis zum 30. April.

   Für Angerbauer zieht sich die Arbeit mit dem Edelmetall wie ein roter Faden durch die künstlerische und geistige Entwicklung. Immer sind es neue Ausdrucksformen, die er dabei findet: Gold als Mittelpunkt des ambivalenten, schizoiden Menschseinms. Gold als Anlaß für blutige Kriege und Fehden. Gold als Grundmaterial für die schönsten und bedeutendsten Kunstwerke der Kulturgeschichte. Nun hat sich der Künstler dem Verhältnis Gold-Individuum-Frau/Kind zugewandt.

   Dabei steht ein inhaltliches Postulat im Vordergrund: "Der Mensch ist das Maß aller Dinge. Der Seienden das sie sind und der Nicht-Seienden, daßß sie nicht sind." Punktum. Und so manifestiert Johannes Angerbauer in seinen Minenfeldern "Tellaura Anachtonismos" eine Umkehrung der göttlichen Weissagung "Du sollst Dir kein Bildnis machen". Abbilder werden nicht gemacht, sie machen sich, weil der Mensch die Wirklichkeit im Geist gebiert und sie dann erst den Dingen unterlegt.

   So entstehen zwei Ebenen: die der Wahrheit und die des Scheins. Trugschlüsse sind also unvermeidlich. Deshalb setzte Angerbauer in seiner Serie "Lebenskunst in Frauenhäusern" weder Denkmale noch Prangersäulen. Sein Ziel ist es, bewußt zu machen, aufzuzeigen, hinzuweisen, wie viele Kratzer, Narben und Wunden auf seinen begehbaren Kunstwerken zurückbleiben. Und die sind Symbole für die Seele, die sonst keiner sieht.

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OÖ Nachrichten Kunstkritik R. Locicnik zu Frauenhaus Kunstprojekt

Gold ist Kunst-Inhalt: Johannes Angerbauer

Foto: Frauenhaus Steyr