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Inhaltsverzeichnis der Magisterarbeit von Mag.
Manuela Schmid |
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4. Biografisch-künstlerischer Weg |
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4.4.3. Die goldene Kernphase (1990 - 1991) |
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4.4.3.1. Definition
"Goldminenbilder" |
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"Goldminenbilder" (Abb. 11)
sind zu verstehen als "Goldminenarbeiten auf Papier". Es handelt sich dabei um
Arbeiten aus der Anfangsphase des T.A.-Organismus, die hauptsächlich 1990 und 1991 als
"prozeßorientierte Collagen zu T.A."(45) entstanden sind und mit wenigen Ausnahmen
bis Januar 1999 nicht öffentlich vorgestellt wurden. In dieser Phase schuf Angerbauer
über dreihundert "Goldminenarbeiten auf Papier", die sich zum großen Teil noch
in seinem Besitz befinden. In beliebiger Anzahl werden im 8 cm x 8 cm großen Format der
"Goldblättchen auf Seidenpapier" die einzelnen Goldminenarbeiten auf
Kartonbögen angebracht. Angerbauer bezeichnet die einzelnen Goldminenarbeiten als
"Claims". |
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So wie die Goldschürfer bei einem
Goldgräberunternehmen Anspruch auf einen Gebietsanteil, auf einen Claim haben, wo sie
berechtigt sind, Gold zu schürfen, so definiert Angerbauer analog dazu den Kartonbogen
als Fläche, auf dem die einzelnen "Goldminenarbeiten" (Claims) Anspruch auf
einen Flächenanteil haben und vom Künstler an dieser Stelle bearbeitet werden. |
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Eine "Goldminenarbeit auf
Papier" entsteht in drei Schritten: dem Verletzen, dem Versiegeln und dem Wenden. |
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Im ersten Schritt, dem Verletzen, wird
das jeweilige Thema - hier die verwendeten Symbole Angerbauers - in das auf Seidenpapier
leicht haftende Blattgold, gleich einer Radierung, geritzt. Die sehr feine Goldschicht
zerreißt dabei. Das von Angerbauer verwendete Blattgold ist ein "23karätiges
Dukaten-Doppel-Gold"(46) - "Sturmgold"(47). Sturmgold ist die Bezeichnung für
Blattgold, das leicht auf Seidenpapier haftet und primär für Vergoldungsarbeiten im
Freien verwendet wird. Die Produktbezeichnung "Dukaten-Doppel-Gold" wird hier
von Angerbauer als Anspielung auf den materiellen Goldbegriff und dessen Ambivalenz
verstanden. Die Verarbeitung als "Sturmgold" ist ein Hinweis auf die Dynamik des
Kunstwegs und die Idee der T.A. |
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Der Gestaltungsvorgang des
"Radierens" ist bei Angerbauers Technik als Verletzung und damit gleichzeitig
als Hinweis auf den im Element Gold liegenden, leidbringenden Aspekt zu verstehen.
Gleichzeitig wird mit dieser Verletzung aber auch mit einem Tabu gebrochen. Beim
Blattvergolden wird normalerweise höchstes Augenmerk darauf gelegt, daß das
Goldblättchen unverletzt bleibt. Ein feiner Luftzug kann sich bereits als Zerstörung
auswirken. Hier aber wird jede (Zer-)Störung zum gleichwertigen Teil eines
schöpferischen Prozesses. Eine eigentliche Zerstörung wird so unmöglich. |
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"Jedes bei der Verletzung oder bei
der darauffolgenden Versiegelung eintretende Ereignis soll hier als schöpferischer Akt
der Kunstwahrheit verstanden werden."(48) |
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Im zweiten Schritt, dem Versiegeln,
wird das verletzte Gold, die dabei "entstandenen Wunden", mittels rotem Pelikan
Siegellack verschlossen und so versorgt. Der Siegellack im Feuer geschmolzen, wird
aufgetropft und verschmilzt mit dem Bildträger (Blattgold und Seidenpapier). Die
angewandte Technik des "tropfenden Feuers" symbolisiert das Blut und die Wunden.
Die Verwendung des Dreiecks, das die Eigenschaft Feuer symbolisiert, korrespondiert
wiederum mit der Technik. An den verletzten Stellen, wo es aufgerissen ist, durchtränkt
der rote Siegellack das Seidenpapier. An den unverletzten Stellen wirkt das Blattgold als
Isolationsschicht. Siegellack, Blattgold, dessen Verletzung und das tragende Seidenpapier
verschmelzen miteinander zu einem "goldenen Kern". |
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Im letzten Schritt, dem Wenden, wird
nach dem Versiegeln der Verletzung der "Claim" gewendet und auf den Bildträger
geklebt. Der Entzug der Sichtbarkeit soll als Katharsis verstanden werden. Die mit rotem
Siegellack durchtränkten Verletzungen werden nun spiegelverkehrt als grafische oder
malerische Elemente sichtbar. Eine Assoziation zu Wundpolstern liegt nahe. Das sichtbare -
materiell blendende - Gold erscheint als ein zartes, verstecktes Gelb unter dem
Seidenpapier. Durch eine zusätzliche Verbindung von einzelnen "Claims" mit
Farbe wird der Claim zum Bildträger. Das materielle Gold tritt dadurch noch stärker in
den Hintergrund. |
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4.4.3.2. Beschreibung der Goldmine
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4.4.2 Synergieobjekte
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(45) Begriffsprägung Angerbauers in Angerbauer 1999b |
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(46) ebd. |
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(47) ebd. |
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(48) ebd. |
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