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2. Der Goldbegriff in seiner Mehrdeutigkeit
 
2.2. Entmystifizierung und Entmaterialisierung
 
Angerbauer grenzt sich hinsichtlich der Entmystifizierung und Entmaterialisierung des Goldes sowohl von den zeitgenössischen als auch von den vorangegangenen Künstlern ab. Niemals zuvor haben Künstler, die sich mit dem Thema und Material Gold beschäftigen, den menschlichen Aspekt im Gold behandelt. Nie zuvor wurde das im Gold eingeschmolzene menschliche Leid auf diese Art und Weise dargestellt. Das Ziel, das sich Angerbauer gesetzt hat, ist die Entmystifizierung und die Rückkehr des Goldes zur Erde. Dies kommt in den einzelnen Phasen seines Werkes unterschiedlich zum Ausdruck, ist aber immer ein Hinweis auf den oben beschriebenen, immateriellen und meist vergessenen Aspekt im Golddenken: Das menschliche Leid.
 
Der Mythos des Edlen verschwindet, wenn man Gold mit Füßen tritt (Abb. 4). Was passiert bei diesen Handlungen mit den Werten? Es erfolgt die Umkehrung der Werte, d.h. das Gold wird entwertet. "Wahres Gold als Begriff für das seit Jahrtausenden immerwährende eingeschmolzene menschliche Leid und die aus dieser Erkenntnis resultierende Menschlichkeit - entma(ch)terialisiert und entmystifiziert."(15) "Erst wenn man Gold erkannt hat, ist man es wert, es zu besitzen."(16) Hier möchte Angerbauer einen tiefgreifenden Denkanstoß geben. Trägt man Gold als Schmuck, sollte man sich auch die harten Produktions- und Ausbeutungsmethoden der Goldlieferanten vergegenwärtigen.
 
Wenn man sich dieser Wahrheit bewußt wird, ist der nächste Schritt, sich die menschlichen und sozialen Komponenten bewußt zu machen. Erst dann, in dem Moment, in dem man die Wahrheit erkannt hat, wo der Ursprung des Goldes liegt, ist ein positives Symbol geschaffen, das die Geschichte und die Menschen verbindet.(17)
 
2.3. Transparenz der Werte
 
Gold hat Geschichte gemacht und die Geschichte hat das Gold in seinen materiellen und immateriellen Wertigkeiten geprägt. Gold verkörpert das Unfaßbare, nicht Darstellbare, die absolute Transparenz. Zugleich aber werden diese Eigenschaften doch dinglich, materiell und faßbar dargestellt wie Angerbauer es in seinen Handlungen, Objekten und Skulpturen zum Ausdruck bringt. Er legt in seinem Kunstschaffen den Weg frei für das philosophisch und künstlerisch interpretierte Gold.
 
Künstler, die Gold oder mit Gold verbundene Assoziationen thematisieren, versuchen sich durchweg der Komplexität des Goldes zu widmen und diese in verschiedenen Richtungen nach unterschiedlichen Charakteristika zu interpretieren. Die vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten des Goldes fordern zudem eine vielschichtige mehrdimensionale künstlerische Sichtweise, die auch Angerbauer komplex in sein Werk einbringt.
 
 
 
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(15) Angerbauer 1997a, S.2
(16) Angerbauer 1988, S.5
(17) Angerbauer 1999, (zit. in persönlichem Interview 1999)